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GENDER-MARKETING UND DIE BESEITIGUNG VON GESCHLECHTER-KLISCHEES

MARKETING.TUMULT, Gender-Marketing, blauer Rasierer auf pinkem Hintergrund und pinker Rasierer aufm blauem
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Die Welt des Marketings hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert, und eines der auffälligsten Merkmale dieser Veränderung ist die Neugestaltung des Gender-Marketings. Einst von Geschlechterklischees geprägt, hat sich dieser Bereich des Marketings inzwischen zu einer Plattform für Inklusion und Vielfalt entwickelt. In diesem Blog-Beitrag werden wir die Transformation des Gender-Marketings in den Blick nehmen und seine wachsende Bedeutung für die LGBTQ+-Gemeinschaft analysieren.

Historischer Rückblick

Die Anfänge des Gender-Marketings reichen bis ins späte 19. Jahrhundert zurück, als die Industrialisierung und die Massenproduktion zu einer Vielzahl neuer Konsumgüter führten. In dieser Zeit wurden Produkte oft als geschlechtsspezifisch vermarktet, um die Verkaufszahlen zu steigern. So wurden beispielsweise Rasierer und Werkzeuge als „männlich“ und Haushaltsgeräte und Kosmetikprodukte als „weiblich“ beworben. Diese Einteilung basierte auf dem damals vorherrschenden Geschlechterverständnis, das Männer als stark und handwerklich begabt und Frauen als fürsorglich und haushaltsorientiert ansah.

Während des 20. Jahrhunderts verstärkte sich die Verwendung von Geschlechterklischees im Marketing. In den 1950er und 1960er Jahren erlebte die Werbebranche einen Boom, und traditionelle Geschlechterrollen wurden weiter zementiert. Frauen wurden häufig in Werbekampagnen als Hausfrauen dargestellt, die sich um Haushalt und Familie kümmerten, während Männer als Hauptverdiener und Entscheidungsträger dargestellt wurden. Diese Stereotypen waren so tief verwurzelt, dass sie das gesellschaftliche Bewusstsein und die Kaufentscheidungen beeinflussten.

In den 1970er und 1980er Jahren begannen jedoch soziale Veränderungen und feministische Bewegungen, die traditionellen Geschlechterrollen in Frage zu stellen. Dies führte zu einer verstärkten Sensibilisierung für die Problematik des Gender-Marketings. Kritik wurde laut, da diese Praxis nicht nur Geschlechterstereotype verstärkte, sondern auch die gesellschaftliche Gleichstellung behinderte. In den letzten Jahrzehnten hat sich das Gender-Marketing weiterentwickelt. Unternehmen haben erkannt, dass Geschlechterstereotype nicht immer zielführend sind und dass eine breitere Ansprache von Kunden notwendig ist. Geschlechtsneutrale und inklusive Werbekampagnen gewinnen an Bedeutung, da die Verbraucherinnen und Verbraucher zunehmend Wert auf Vielfalt und Gleichberechtigung legen.

Aufbruch und Wandel im Gender-Marketing

Mit dem glücklicherweise immer tiefer werdenden Verständnis der Gesellschaft für Geschlechteridentität und -ausdruck geht auch ein Wandel im Gender-Marketing einher. Er spiegelt den Fortschritt in Richtung einer inklusiveren, vielfältigeren und gerechteren Darstellung von Geschlecht und Identität in der Werbewelt wider. Diese Verschiebung weg von traditionellen Geschlechterklischees hin zu inklusiveren Ansätzen ist nicht nur ethisch, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll, da immer mehr Verbraucher und Verbraucherinnen nach Marken suchen, die ihre Werte teilen und die Vielfalt der Geschlechteridentitäten feiern. Unternehmen wie Nike, Sephora und Target haben dies mit den Erfolgen einzelner Kampagnen hinlänglich bewiesen.

Ein Paradebeispiel für diesen Wandel ist die Kampagne „Like a Girl“ von Always. Diese Kampagne forderte die gängige Abwertung des Ausdrucks „wie ein Mädchen“ heraus und zeigte, wie stark diese Aussage junge Mädchen verletzen kann. Always wollte das Selbstbewusstsein von Mädchen stärken und ermutigte sie, Stärke und Selbstvertrauen zu zeigen. Die Kampagne erzielte weltweit große Aufmerksamkeit und erhielt Lob für ihre Botschaft von Empowerment und Gleichberechtigung.

Ein weiteres beeindruckendes Beispiel stammt von der Kosmetikmarke CoverGirl. Sie starteten 2016 eine Kampagne mit dem Titel „CoverBoy“, in der der erste männliche Markenbotschafter, James Charles, vorgestellt wurde. Diese mutige Entscheidung war wegweisend, da sie Geschlechtergrenzen in der Kosmetikbranche niederriss und die Idee unterstützte, dass Make-up keine Geschlechtergrenzen kennt. James Charles wurde zu einem Symbol für die Akzeptanz von Geschlechtervielfalt in der Schönheitsindustrie.

Aber nicht nur große Marken setzen auf inklusives Gender-Marketing. Kleine, unabhängige Unternehmen wie „Fluide“ haben sich darauf spezialisiert, geschlechtsneutrale Kosmetik anzubieten. Sie sind der Überzeugung, dass Make-up für alle Menschen sein sollte, unabhängig von ihrem Geschlecht. Ihre Produkte und Kampagnen sind ein Beispiel dafür, wie kleine Unternehmen aktiv dazu beitragen, Geschlechterklischees in der Beauty-Branche zu brechen.

Unter dem Slogan „Not just Pink & Blue – Gender neutral Children’s clothes” hat Janine Smith (Pikolo) in ihrem Blog-Beitrag vom 18. Juli dieses Jahres sehr schön zusammengefasst, dass es den Käufern/Eltern zum Glück nun auch schon bei der Mode für die Kleinsten leichter gemacht wird, von den althergebrachten Stereotypen – Mädchen pink, Jungs blau – abzuweichen und die Kids mit einem anderen Selbstverständnis aufwachsen zu lassen.

LGBTQ+ und Gender-Marketing – Warum Integration so wichtig ist

Die Verbindung zwischen Gender-Marketing und der LGBTQ+-Community war ein längst überfälliger Schritt, der in den letzten Jahren in der Unternehmenswelt immer mehr an Bedeutung gewonnen hat. Marken und Unternehmen sind sich zunehmend der Notwendigkeit bewusst geworden, LGBTQ+-Themen in ihre Marketingstrategien zu integrieren. In einer Welt, die zunehmend vielfältiger wird, ist es für Marken und Unternehmen von entscheidender Bedeutung, inklusiv und diversitätsorientiert zu sein. Die LGBTQ+-Gemeinschaft ist eine wichtige Zielgruppe, die oft lange Zeit marginalisiert wurde. Indem Marken ihre Marketingstrategien anpassen, um diese Gemeinschaft besser einzubeziehen, zeigen sie, dass sie alle Menschen respektieren, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität.

Kaufkraft erkennen – Glaubwürdigkeit untermauern

LGBTQ+-Kunden sind eine kaufkräftige Zielgruppe. Marken, die auf ihre Bedürfnisse und Werte eingehen, können sie eine starke Bindung zu dieser Zielgruppe aufbauen. Dies kann dazu führen, dass LGBTQ+-Kunden Marken bevorzugen, die ihre Identität und Interessen respektieren und unterstützen. Aber Achtung: Authentizität ist hier ein Schlüsselwort. Wenn Marken LGBTQ+-Themen in ihre Werbung und ihre Botschaften integrieren, müssen sie sicherstellen, dass dies nicht als bloße PR-Maßnahme angesehen wird. Eine authentische Unterstützung der LGBTQ+-Gemeinschaft, sei es durch Spenden an LGBTQ+-Organisationen oder die Einstellung von LGBTQ+-Personen, trägt zur Glaubwürdigkeit der Marke bei.

Die Integration von LGBTQ+-Themen im Marketing wird eine positive Sichtbarkeit des Unternehmens schaffen und dabei helfen, Stereotypen zu bekämpfen. Wenn Marken LGBTQ+-Menschen in ihren Werbeanzeigen und Marketingkampagnen repräsentieren, senden sie die Botschaft aus, dass Vielfalt und Akzeptanz gefeiert werden sollten.

Die positiven Auswirkungen des inklusiven Gender-Marketings sind vielfältig

Hier nennen wir einige davon.

– Gesellschaftlicher Fortschritt: Die Integration von LGBTQ+-Themen im Marketing ist ein Indikator für den gesellschaftlichen Fortschritt. Sie zeigt, dass die Gesellschaft immer offener für Vielfalt und Akzeptanz wird. Marken, die diese Werte unterstützen, tragen zur Förderung einer offenen und inklusiven Gesellschaft bei.

– Wirtschaftliche Chancen: Die LGBTQ+-Community ist nicht nur groß, sondern – wie schon erwähnt – auch kaufkräftig. Unternehmen, die diese Zielgruppe vernachlässigen, könnten wirtschaftliche Chancen verpassen. Die Integration von LGBTQ+-Themen im Marketing kann dazu beitragen, neue Märkte zu erschließen und bestehende Kunden zu binden.

– Kreative Innovation: Inklusives Gender-Marketing erfordert oft kreative Ansätze, um Geschlechterklischees zu durchbrechen. Dies fördert die kreative Innovation in der Werbebranche und kann zu frischen, einprägsamen Kampagnen führen.

– Reputation und Glaubwürdigkeit: Marken, die sich für LGBTQ+-Rechte und -Inklusion einsetzen, bauen eine positive Reputation auf. Kunden schätzen Unternehmen, die sich für soziale Anliegen engagieren und als Vorreiter in Bezug auf Gleichberechtigung und Vielfalt auftreten.

Herausforderungen und Kritik am Gender-Marketing

Kein Thema ist ohne Kritik, und das Gender-Marketing ist keine Ausnahme. Neben der oben genannten Gesichtspunkten Authentizität und Glaubwürdigkeit möchten wir hier einige der Herausforderungen und Kontroversen aufführen, denen Marken begegnen können, wenn sie sich auf den Weg zu mehr Inklusion begeben.

– Risiko von Greenwashing: Ähnlich wie bei der Authentizität besteht die Gefahr des „Rainbow Washing“ oder „Green Washing“, wenn Marken sich für Inklusion einsetzen, ohne tatsächliche Veränderungen in ihrem Geschäftsmodell oder ihrer Kultur vorzunehmen. Dies kann als opportunistisch wahrgenommen werden und den guten Willen der Kunden untergraben.

– Auseinandersetzungen über Repräsentation: Die Darstellung von Menschen aus verschiedenen Geschlechtern, ethnischen Hintergründen, sexuellen Orientierungen und anderen Diversitätsdimensionen kann zu Debatten führen. Einige könnten argumentieren, dass bestimmte Darstellungen stereotypisch oder unangemessen sind, während andere sie als positiven Schritt zur Sichtbarkeit betrachten. Die Auswahl der richtigen Darstellungen ist daher eine echte Herausforderung.

– Widerstand gegen den Wandel: Inklusive Maßnahmen können in manchen Fällen auf Widerstand stoßen, insbesondere in Unternehmen oder Branchen, in denen traditionelle Geschlechterrollen oder ethnische Vorurteile tief verwurzelt sind. Dies erfordert oft eine kontinuierliche Kommunikation und Schulung, um die Akzeptanz und das Verständnis zu fördern.

– Mangel an Vielfalt in den Führungsebenen: Marken, die Inklusion ernsthaft betreiben möchten, müssen sicherstellen, dass ihre Führungsebenen selbst divers sind. Der Mangel an Vielfalt in den obersten Ebenen kann die Umsetzung inklusiver Strategien behindern.

– Missverständnisse und Kommunikationsfehler: Inklusion erfordert oft die Verwendung sensibler und präziser Sprache, um niemanden auszuschließen oder zu verletzen. Missverständnisse oder Kommunikationsfehler können leicht zu Kontroversen führen.

– Veränderungen in der Produktpalette: Marken, die Inklusion fördern, müssen möglicherweise ihre Produkte oder Dienstleistungen anpassen, um die Bedürfnisse verschiedener Zielgruppen zu erfüllen. Dies kann eine finanzielle Herausforderung darstellen und erfordert umfassende Marktforschung.

– Politisches Engagement und öffentliche Wahrnehmung: Wenn Marken sich zu politischen oder sozialen Themen äußern oder sich in politische Angelegenheiten einmischen, kann dies zu Kontroversen führen. Einige Kunden könnten unzufrieden sein oder ihre Loyalität zurückziehen.

Das Gender-Marketing hat also nicht nur eine aufregende Reise hinter sich, von der Betonung von Geschlechterklischees zur Feier der Vielfalt und Inklusion, sondern bezüglich der immer noch bestehenden Vorbehalte auch noch einen längeren Weg vor sich. Die Verbindung zwischen dem Gender-Marketing und der LGBTQ+-Gemeinschaft ist ein herausragendes Beispiel dafür, wie Marken und Unternehmen einen positiven Einfluss auf die Gesellschaft ausüben können. Wenn wir uns auf die Zukunft des Marketings zubewegen, ist es entscheidend, diese Transformation weiterhin voranzutreiben und sicherzustellen, dass Werbung und Marketing für alle Menschen zugänglich und ansprechend sind, unabhängig von ihrer Geschlechtsidentität oder sexuellen Orientierung. Das Gender-Marketing hat das Potenzial, eine Welt zu gestalten, in der Vielfalt und Inklusion die Norm sind.

Verfasst von: Ulrike Molitor

Cover: Envato / Nestea06
Foto: Pikolo / Not just Pink & Blue – Gender neutral Children’s clothes
Foto: Envato / AtlasComposer

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